Larsson Bjorn by Der bose Blick

Larsson Bjorn by Der bose Blick

Autor:Der bose Blick [Blick, Der bose]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-05-03T20:02:24+00:00


E

s war beinahe halb fünf am Nachmittag, als ein Umzugswagen in die Straße einbog und vor dem Haus stehen blieb. Ahmed sowie zwei Möbelpacker sprangen aus dem Wagen, gingen um ihn herum und öffneten die hinteren Türen. Rachid griff zum Fernglas. Er bemerkte, dass Ahmed stehen blieb und sich nach allen Richtungen umsah, als wollte er sich vergewissern, dass ihn niemand beobachtete. Für einen Augenblick sah Ahmed genau in das Okular des Fernglases. Das überraschte Rachid so sehr, dass er zusammenzuckte. Unnötigerweise. Ahmed konnte ihn auf so große Distanz nicht erkennen. Das wusste Rachid. Es war eine Frage der Optik. Ahmeds Blick wanderte auch gleich weiter.

Die Möbelpacker machten sich sofort daran, den Hausrat und die Pappkartons auszuladen. Rachid wunderte sich, dass Ahmed so viele Möbel besaß. Dann sah er ein Auto direkt hinter dem Möbelwagen halten. Eine Frau und ein junges Mädchen stiegen aus. Als Ahmed sie erblickte, stellte er sofort die beiden Stühle ab, die er getragen hatte. Er küsste die Frau auf den Mund und streichelte dem Mädchen über die Wange. Rachid betrachtete sie näher. Es bestand kein Zweifel: Die Frau war keine Araberin, sondern Europäerin, vermutlich Französin.

Endlich war es ihm gelungen, einen Teil von Ahmeds Geheimnis zu lüften. Er war mit einer Christin verheiratet und hatte ein Kind mit ihr. Das erklärte, warum Ahmed in aller Verschwiegenheit eine neue Wohnung gesucht hatte. Er wollte seine Familie schützen. Das erklärte auch, warum Ahmed immer so schweigsam war. Die algerischen Arbeitskollegen mochten in Sünde leben, ihre Kinder besuchten französische Schulen und sahen fern. Die ledigen Männer gingen zu Prostituierten. Aber die Ehe mit einer Ungläubigen einzugehen! Damit war eine Grenze überschritten, selbst für diejenigen, die nur dem Namen nach Muslime waren. Wie konnte eine Ungläubige die Söhne ihres Mannes nach den Regeln des Islam erziehen?

Rachid sah, wie Ahmed auf das Haus und den Garten zeigte. Das Mädchen drehte sich um. Plötzlich schaute auch sie direkt in das Okular seines Fernglases. Rachid hoffte, sie würde weiterhin in seine Richtung schauen. Stattdessen wandte sie den Blick ab und lief in den Garten. Das Bild ihres Gesichts stand ihm weiterhin vor Augen. Sollte er mit dem Wagen vorfahren und Ahmed begrüßen? Warum nicht? Er hatte ihnen immerhin die Wohnung beschafft.

Doch dann kamen ihm die Worte des Imam in den Sinn, der gesagt hatte, je weniger Menschen Rachids Gesicht kannten, desto besser.

Als Ahmeds Tochter erneut aus dem Haus trat, konnte Rachid ihr Gesicht deutlich erkennen. Sie lächelte ihren Vater an, der zurücklächelte. Ein Zeichen der Liebe, es konnte nichts anderes sein. Das bedeutete Schwäche, genau wie seine Lehrer es ihm einst erklärt hatten. Die Menschen der westlichen Welt waren schwach auf Grund der bedingungslosen Liebe zu ihren Frauen und Töchtern. Auch Ahmed war in diese Falle geraten, das war unübersehbar. Er liebte seine Tochter so, wie man es in der westlichen Welt tat. Er gestattete ihr, ihm direkt in die Augen zu sehen, wenn sie mit ihm sprach. Er ließ sie seine Autorität in Frage stellen. Schwäche. Rachid wusste mit einem Mal, was er zu tun hatte, falls Ahmed sich weigerte, ihm zu helfen.



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